Wie geplant hat Lukas um Mitternacht den Bus von Montreal nach Toronto genommen. Der folgende Mittwoch war minutiös geplant: Führerschein umtauschen, Auto kaufen, Versicherung abschliessen, Auto einlösen, Dachträger abholen und nach Montreal zurückfahren. Der Rest der Familie geniesst Montreal bei schönstem, heissem Wetter.
Die Busfahrt verlief unspektakulär. Allerdings hatten wir aufgrund der morgendlichen rush hour bereits eine Stunde Verspätung bei der Ankunft in Toronto. Anstatt um 06:30 kam der Bus erst um 07:30 an. Mit Uber ging es zum Drive Test Center um den Führerschein umzuschreiben.
Beim Drive Test Center ein kurzes Anstehen und dann die erste Ernüchterung: die nette Dame am Empfang gab mir Bescheid, dass ein Umschreiben des Führerscheins nur mit eine beglaubigte Übersetzung möglich sei. Ich habe sie dann gefragt, was genau man übersetzten solle – neben verschiedenen Daten hat es praktisch nur Piktogramme. Auf der Rückseite hat es dann aber doch ein paar Wörter wie Name, Vorname, Geburtsdatum, etc. die man übersetzten kann. Die Dame hatte kein Erbarmen und blieb hart. Und die Übersetzung dürfe nur von einem ATIO-akkreditierten Übersetzter (Association of Translators and Interpreters of Ontario) gemacht werden…Im Vorfeld hatte ich 3 mal angerufen, um sicher zu stellen, dass ich dann alle Dokumente dabei habe, von dieser Übersetzung hat nie jemand etwas erwähnt, auch der internationale Ausweis akzeptieren sie nicht.
Ganz tief durchatmen, dachte ich mir nur. Wo sollte ich jetzt auf die Schnelle eine solche Übersetzung herkriegen? Mein ganzer Plan schien schon beim ersten Schritt zu scheitern. Also nochmals: ganz tief durchatmen und dann ging es los: Computer hervor genommen, nach ATIO-akkreditierten Übersetzern in Toronto gesucht und angefangen zu telefonieren. Schlussendlich bin ich bei einem netten deutschen Herren gelandet, der sei über 60 Jahren in Toronto lebt und Übersetzungen so nebenbei macht. Zufällig hatte er Zeit. Per Mail also den Führerschein an Herrn Stahlberg geschickt. Leider wohnt Herr Stahlberg auf der anderen Seite der Stadt. Nach eine Uber-Fahrt von fast einer Stunde bin ich bei ihm angekommen und konnte die Übersetzung für CAD 40 entgegen nehmen. Dann wieder quer durch die Stadt zurück zum Drive Center. Leider kennt Uber keinen Mengenrabatt. Mit der Übersetzung ging es dann reibungslos.
Mein Zeitplan kam durch die verspätete Ankunft und die ungeplante Übersetzung völlig durcheinander. Nicht aufgeben war die Devise!
Weiter ging’s zum Autohändler. Das Auto hatte ich mir im Netz im Vorfeld schon angeschaut. Nach einer kurzen Probefahrt und einem oberflächlichen Check (ich verstehe ja nicht wirklich was von Autos), habe ich das Fahrzeug gekauft. Mit grossen Augen hörte ich dann dem Verkäufer zu, dass die Reinigung und das Einlösen mindestens einen Tag in Anspruch nehmen würde. Auf mein Drängen hin versprach er mich, sein Bestmöglichstes zu machen. Er würde mich um 17h anrufen, um mir Bescheid zu geben, ob es am selben Tag noch klappen würde. Ich zottle mit meinem Rollkoffer und Tasche ab und suche mir ein Plätzchen, um zu warten. Vor einem Supermarkt finde ich ein solches und gönne mir zum ersten Mal was zum Essen. Zwischendurch sende ich die Details des Autos zur Versicherung, mit der ich schon im Vorfeld Kontakt hatte. Sie bestätigen, dass die Versicherung nun gültig ist und läuft, wollen aber das Geld als Cheque haben. Ich versuchte zu erklären, dass ich noch keine kanadisches Bankkonto habe und dass ich den Betrag via Kreditkarte oder Banküberweisung bezahlten könne. Ein neues Problem? Ich habe dann nichts mehr von der Versicherung gehört, die Versicherungsbestätigung per Mail aber erhalten. Schien OK zu sein.
Um 16 kommt schon die Nachricht, dass es noch für den selben Tag reichen würde. Ich solle um 17 das Auto abholen kommen. Ich laufe zurück und bin natürlich vor 17h da – in der Hoffnung, dass es evtl. schon früher bereit ist. Nix da. Ich darf Platz nehmen und warten. Schliesslich kommt Brian (der Autoverkäufer) und drückt mir die Schlüssel in die Hand.
Ich steige ein und fahre los zum UPS Service Point. Den Dachträger habe ich mir von den USA dorthin liefern lassen. Bei UPS ging alles reibungslos. Papiere vorzeigen, Pass zeigen und schon hatte ich das Roof Rack im Kofferraum.
Da war doch noch was im Kofferraum: bei der Testfahrt war das Reserverad drin – jetzt nicht mehr. Und unten am Auto, wo es eigentlich hingehört, war es auch nicht. Also zurück zum Autohändler um zu fragen, wo das Reserverad geblieben sei. Der liebe Brian schob die Schuld auf die Mechaniker und liess das Reserverad holen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Ein zweites Mal losfahren vom Autohändler, diesmal in Richtung Montreal: 550 km. Nach einem langen Flug am Dienstag und einer eher ungemütlichen nächtlichen Busfahrt am Mittwoch war ich nicht sonderlich fit für eine längere Autofahrt. Die erste Pause habe ich mir schon nach einer Stunde gegönnt. Anstatt der geplanten 30 Minuten schlief ich über eine Stunden. Weiter ging’s. Irgendwann dann noch eine zweite längere Pause und schliesslich bin ich morgens um 03:00 todmüde in Montreal ins Bett gefallen.
Obwohl nicht alles ganz nach Plan lief, entsprach das Resultat doch dem ursprünglichem Ziel.