Schulferien gibt es hier unter dem Jahr ja eigentlich praktisch keine. Dafür sind dann die Sommerferien ewig lang. Einen kleinen Unterbruch ermöglicht aber der Marchbreak. Bei einer Familienkonferenz entscheiden wir uns aus Umweltschutzgründen nicht wie viele Kanadier in die Bahamas, Florida oder nach Kuba zu fliegen, wohin es viele günstige Flüge gäbe, sondern Chicago anzuschauen. Unsere Erwartungen werden nicht enttäuscht.
Marathontraining entlang dem Lake Michigan
Am ersten Tag erkunden wir Chicago auf einer speziellen Gangster Stadtführung und lernen viel über die Geschichte, Architektur und natürlich Al Capone. Nach dem grossen Brand 1871, bei welchem anscheinend nur ein einziges Gebäude Downtown stehen blieb, haben die Architekten hier viel Gutes getan. Auch die modernen Gebäude sind zum Teil richtige Kunstwerke und fügen sich gut in die historischen Gebäude ein.
Lukas muss nur ab und zu etwas leiden mit uns 3 girls und vermisst die Gespräche über irgendwelche Solarpannels für Sprintervans oder sonstigen technischen Wichtigkeiten mit Lars. Von ihm hören wir aber zum Glück und dank whatsapp-calls regelmässig und freuen uns, dass er seine Reise durch Südamerika so richtig geniessen kann.
endlich mal Temperaturen über Null. Das Eis schmilzt langsam!
Die Aussenquartiere von Chicago sind vorallem hinsichtlich Kulinarik sehr interessant. Gefallen finden wir an den vielen kleinen Boutiquen und speziellen Restaurants beim Logan Square und Wicker Park und dann auch in Mexican Town= Pilsen.
Wow, jetzt ist es tatsächlich 3 Monate her, seit unserem letzten Blog Eintrag. Vieles ist geschehen aber eins ist immer noch gleich: die Temperaturen sind immer noch meist unter Null, das Outfit besteht aus Blundstones (oder Sorel), Daunenjacke, Wollmütze und Handschuhe und mindestens einmal pro Woche müssen wir unseren Sidewalk schaufeln, was hier das ungeschriebene Gesetz ist. Ok, ich denke man hört zwischen den Zeilen, dass wir uns alle auf den hoffentlich bald kommenden Frühling freuen. Sobald man ausserhalb der Millionenstadt ist, ist dieses Winterwonderland natürlich wunderschön und wir konnten es bei verschiedenen Kurzausflügen sehr geniessen.
Auch Toronto hat seinen Reiz, wenn alles weiss ist, der Himmel stahlblau und der Lake Ontario gefroren. Aber auch nur, wenn man nicht zur Arbeit muss oder sich ansonsten von A nach B bewegen muss und nur wenn es frisch geschneit hat. Nach 2 Tagen ist jeweils alles nur noch Matsch. Schneeräumung kennt man in Toronto nicht, wahrscheinlich wissen sie einfach nicht wohin mit dem Schnee. Lukas bekam drei mal die Aufforderung zu Hause zu bleiben und von zu Hause aus zu arbeiten, zu hoch ist den Arbeitgebern das Risiko ihre Mitarbeiter bei Schneestürmen nach draussen zu schicken. Anderseits würden sie auch nie pünktlich zur Arbeit erscheinen. Toronto steht praktisch still wenn es stürmt im Winter. Für die Kinder war es natürlich ein Highlight als alle Schulen wegen Schneesturm geschlossen wurden. Und ich habe es genossen, plötzlich unter der Woche die ganze Familie zu Hause zu haben.
Die letzten 3 Monate habe ich mich vor allem als Travelagent betätigt. Zuerst „musste“ das lange Familyweekend, dann die Woche mit Sibylle in NYC, dann die Woche mit Cousin Dieter im Norden, dann die Marchbreak in Chicago geplant und gebucht werden.
Deerlake lodge. Wunderschönes BnB bei Megan
Auch unsere letzten 3 Monate hier in Toronto sind gespickt mit Besuchen von Freunden, Familie und kleineren Reisen, worauf wir uns sehr freuen. Wir wollen ja das Beste aus unserem Jahr machen und neben dem „Alltag“ so viel als möglich erleben.
Nipissing lake by Callandar
Das verlängerte Familyday-WE verbrachten wir oben im Norden von Ontario in einem wunderschönen Airbnb bei Megan und ihrer Familie. Bei klirrender Kälte und Unmengen von Schnee, genossen wir einmal mehr die unendliche Natur und das „Nichts“ mit Schneeschuhlaufen, Hundeschlitten fahren, Reiten und einfach geniessen. Megan und ihre Familie haben aus ihrer Farm ein lauschiges BnB gemacht, ein eigenes Eisfeld im Stall errichtet und uns kulinarisch unglaublich verwöhnt. Schon die Fahrt zu ihnen war ein Abenteuer. Ortskundige boten sich an, uns bis zum Haus zu begleiten, da Google Maps da oben definitiv nicht mehr funktioniert. Leider versenkten sie ihren Truck im 3m hohen Schnee neben dem Driveway und mussten schlussendlich von einer- zum Glück befreundeten- Towcompany rausgezogen werden.
Elin im SchneeSchneeschuhlaufen ohne Spuren ist super anstrengendHundeschlitten fahren mit SugardogHundeschlitten fahren, gar nicht so einfachSkip ist noch nicht ganz überzeugt von seinen neuen Schuhen….ein Männlein steht im Walde….
Ein Highlight, zumindest für mich, war meine Woche in NewYork mit meiner Schulfreundin aus Bez und Kanti-Zeit. Endlich mal wieder tratschen und klatschen wie einem der Schnabel gewachsen ist. Ganz im Sinne von „wenn Engel reisen“ wurden wir mit perfektem und ziemlich warmen Wetter (ist immer relativ) belohnt und konnten das grosse kulturelle, kulinarische wie auch das Shopping Angebot von Big Apple geniessen. Dank guten Tipps haben wir uns auch in sehr schräge Spelunken gewagt (house of YES) und waren einmal mehr amazed über die Amerikaner….
mit Sibylle in NYC
Kaum wieder „zu Hause“ kriegen wir Besuch von meinem Cousin Dieter, der sich vor Kurzem früh pensionieren liess. Obwohl sonst eher in der Hitze von Afrika unterwegs auf der Suche nach seinen geliebten Reptilien, kam er trotz intensiver Vorwarnung meinerseits in den Winter von Kanada. Und dieser zeigte sich von seiner „besten“ Seite. Bei Temperaturen immer zwischen -14 bis -20 Grad, einmal sogar in einem unglaublichen Schneesturm- welchen wir zum Glück ohne Unfall überstanden- suchten wir die Reize, die diese Jahreszeit mit sich bringt beim Wandern, Schneetöff fahren und Skaten.
Lake Huron beim Bruce peninsula ParkIce cave2 paar Skihosen, 3 Jacken und doppelte Layer Merino Wäsche….so sind -20 Grad auszuhalten auf dem Töff
Natürlich durften die obligaten Niagara Fälle nicht fehlen. Von diesen waren auch wir mehr begeistert als bei unserem letzten Besuch im Sommer, insbesondere da im Winter nicht grosse Touristenströme über, neben und unter den Fällen ihre Fotos machen. Beim bissigen Wind hielten es auch wir nicht all zu lange aus und suchten lange nach einem offenen Kaffee, um uns auf zu wärmen.
Für einige von uns wahrscheinlich das grösste Weihnachtsgeschenk. Nach unserer Wanderung und dem „kurzen“ Abstecher, um Skip wieder abzuholen, mieten wir nochmals ein AirBnB noch höher im Norden und dazu 2 Skidoo’s. St. Anne du Lac in the middle of nowhere aber zentral gelegen im kilometerlangen, bestens ausgebautem Schneetöff-wege-netz, lässt jedes Bubenherz höher schlagen. Auto ist hier eigentlich out, man geht einkaufen mit dem Schneetöff, geht zur Schule mit dem Schneetöff, trifft sich mit Freunden (Handynetz gibt es keines) und verbringt seine Freizeit mit dem Schneetöff. Auch 3-4 von uns machen das für die nächsten paar Tage sehr authentisch. Plötzlich bietet Lars schon am frühen Morgen an, frisches Brot holen zu gehen…Auch die Temperaturen von – 28 Grad (!!!) schrecken nicht ab, aber alles sind froh, haben wir uns nicht auf unsere eigene Skibekleidung verlassen.
Eigentlich sollte ich ja diesen Blog nicht schreiben, denn ich habe mich lieber mit eigenem Motor fortbewegt und bin durch die wunderbar verschneiten Wälder geskatet. Einen Unfall hat man hier lieber nicht, kein Netz und bei ca. 18km skaten genau 3 weitere Langläufer gesehen.
Aber schon schön, das Strahlen in den Augen zu sehen, wenn der Rest der Familie nach einem Tag Schneetöff fahren nach Hause kommt und mich überzeugt, wenigstens noch auf eine nächtliche Spritztour zu kommen. Ok so ganz ein bisschen kann ich die Freude verstehen, wenn es unter dem Fudi so richtig pfupft und man einfach so durch das Niemandsland flitzen kann, hoffe immer es springt keines dieser white tail deers oder ein Wolf aus dem Wald. Schon nach 20 Minuten schätze ich trotz dicken Handschuhen, die Lenkerheizung mit separater Heizung für den gasgebenden Daumen.
Sogar Elin, welche zuerst sehr skeptisch war, kam begeistert zurück. Die mitgenommenen Sandwichs wurden auf dem mittlerweile heissen Motor zu Paninis umgewandelt. Skip findet das Racing mit den Töffs wunderbar.
Schon komisch, Weihnachten ohne alle Traditionen, ohne grössere Familienfeste und grossem KlimBim zu feiern. Obwohl wir uns eigentlich auf geschenkfreie Weihnachten festlegten, stapelten sich doch viele Päckli unter dem künstlichen Weihnachtsbaum in unserem AirBnB. In der engen Familie schenkten wir uns wie ausgemacht viel „Quality-Time“ und einige Highlights in unseren Ferien.
Elin-Ayla’s Nutella Kuchen für Addicts
Die Küche in unserem AirBnB war bestens ausgerüstet, so dass wir auch ein kleines Festmahl erstellen konnten. Immer 2 von uns waren zuständig für einen Gang und es wurden richtige Gourmet Menus auf den Tisch gezaubert- jemand wurde doppelt gebucht. Das traditionelle Singen konnten wir dank facetime mit den Daheimgebliebenen geniessen.
fast wie Denise Biellmann
auch Skip geniesst die gefrorenen Seen
Zuerst ist es nur -10 bis -15 Grad Celsius und auch nicht extrem viel Schnee. Aber die vielen zugefrorenen Seen machen allen Spass, wir sind langsam ganz mutig und springen, tanzen, rutschen über die vielen zugefrorenen Seen. Auch ansonsten geniessen wir das „Winter Wonderland“ und experimentieren mit der Kälte.
Mpemba Effekt müssen wir natürlich auch ausprobieren
Glücklicherweise hat die Familie von einer Freundin von Elin in der Nähe (für kanadische Verhältnisse) ein Chalet und ein Grundstück von 3.2 Mio m2!!!!!! mit eigenem See, eigenem Kojotenrudel und vielem vielem mehr. Sie drängen uns fast, Skip hüten zu dürfen, während wir auf unsere mehrtägige Schneeschuhtour in der Gegend des Montagne du Diable gehen, wo keine Hunde in den kleinen Hütten erlaubt sind. Ein Paradies für Skip und auch für uns, wir werden mit einem gemütlichen Abendessen verwöhnt. Ein Traum eines alten typisch kanadischen Blockhauses mit viel Charme.
Wir begnügen uns mit einem AirBnB mit furchtbarem Wasserbett in der Nähe von ihnen. Wir sind froh, ist in unserer Familie niemand erpicht auf Skifahren in den klassischen Skiresorts wie Mont Tremblant. Aber spannend zu sehen, eine kanadische Variante von Sölden oder Verbier oder einem anderen hochfrequentierten Skiort.
zum chillen ist das Wasserbett okerste Übernachtung
Zuerst wollte Lukas lieber auf die Schneeschuhe verzichten. Im kleinen bureau d’acceuil kriegen wir die Schlüssel zu den „Refuges“ auf unserer Schneeschuhtour. Und ja, nachdem es plötzlich warm wurde und bis hoch hineingeregnet hat, sah es zuerst nicht aus, als ob man Schneeschuhe brauchen würde.
Aber auch wenn die Hügel hier bei weitem nicht an die Alpen herankommen, ändert das Wetter sehr schnell und schon am ersten Tag, waren wir froh, haben wir nicht auf Lukas gehört. Das Kartenmaterial entspricht nicht ganz unseren Gewohnheiten, so fanden wir unser erstes Refuge erst nach dem Eindunkeln und nach ersten kleinen Hunger- und Durstattacken bei einigen von uns. Ja das mit dem Durst…Es wird allen bewusst, wie das lebenswichtige Element H2O sich ohne Strom nicht so schnell in die verschiedenen Aggregatszustände verwandelt. Obwohl wir viel Holz zur Verfügung haben, sind alle enttäuscht als sich aus einem übervollen Topf Schnee nach einer gefühlten Ewigkeit nur gerade eine kleine Menge Tee kochen liess und dann erst noch mit Tannennadeln und sonstigem Zeugs drin. Und dann war ja auch noch der Hunger auf die Hörnli, die schlecht roh geniessbar sind, aber niemand wollte zu viel tragen, das heisst wir hatten nur eine grosse Pfanne. Auch die Farmerstängel und das Studentenfutter war rationiert für die 3 Tage. Da heisst es Prioritäten setzen. Wir haben alle überlebt….Fazit von Ayla: ich bin froh, lebe ich in der modernen Zeit.
wieso geht es so lange bis Schnee geschmolzen ist??gemütliche Hüttenstimmung, wie kann man fast ohne Wasser (wir haben schliesslich Durst) abwaschenAufwärmen im Abri auf dem Grat und Energie tanken mit Sirupskage
Ab der nächsten Etappe gibt es keine Spuren mehr. Ayla stapft tapfer voraus und sucht den Weg von gelb betupftem Baum zum nächsten. Meist hält sich der Weg auf den sommets bis er ganz am Schluss zu unserem Abri du vents steil hinunter schlängelt und vorallem Elin den Hosenboden den Schneeschuhen vorzieht.
spuren müssen wir selber
Wir waren ja noch fast nie die grossen Partyanimals an Silvester. Aber dieses Jahr haben wir Alles geschlagen. Das spielen von Guggithaler und Tichu mit Stirnlampen wird irgendwann auch nicht mehr so lustig. Dunkel wird es schon kurz nach Vier. Etwas beschämt verkriechen wir uns schon um acht Uhr in unsere Schlafsäcke und schlafen wohlig bis wir von pfeifendem Wind in unserem Abri du vent geweckt werden.
Abri du vent
In der Nacht hat es gute 25cm geschneit und unsere letzten 5 Stunden Wanderung bedeuten wirklich stapfen und wäre ohne Schneeschuhe definitiv unmöglich geworden. Wir kreuzen Sumpfe- ja Corinne hier ist das Eis nicht so stabil, wie auf den Seen…- und überqueren mehrere Bäche, auch diese sind nicht so sicher zugefroren, wie das stehende Gewässer. Wir lassen den Schwersten voraus oder üben unsere Balance.
das Eis auf den Bächen ist nicht sehr stabil, lieber nicht reinfallen
Elin wie immer kopfüber (Woodbine Beach in Toronto)
Während es winterlich wird hier in Kanada, profitieren wir von den Naturparken rund um Toronto, die zu dieser Jahreszeit deutlich weniger besucht sind.
später Indian Summer
Hilton fallsHoffentlich hält das Eis
Schnee hat es zwar noch nicht wirklich, dafür viel Eis. Aber wie kann man sicher sein, dass das Eis hält? Wir sind momentan noch mit Trial and error unterwegs.
Hilton falls
Auch in Toronto selber finden wir Orte, die nicht daran erinnern, dass man in einer 6 Millionenstadt ist.
Woodbine Beach bei Toronto
In Vorbereitung auf unsere Wildnis Touren organisiert Ayla uns ein Pfeil und Bogen Training. Wir werden aber sicherlich noch verhungern oder vom Bären gefressen werden.
wir könnten ja einem Bären begegnen
Lukas und ich geniessen unser Marathon-Aufbautrainings mit Long-Runs jedes Wochenende. Ob unsere doch schon ziemlich alternden Knochen und Gelenke schlussendlich wirklich einen Marathon laufen sei dahin gestellt, aber die Region mittels Long-Runs zu erkunden macht uns beiden Spass.
Joggen im Thomy Thompson Park mit schöner Skyline
Nachdem Lars seine Autoprüfung in der Schweiz bestanden hatte, konnte er endlich zurück nach Kanada kommen. Kurz nach seiner Ankunft kutschiert er uns bis zu unserem AirBnB in Nominingue, Québéc, wo wir unsere Weihnachten feiern werden. Leider ist auch hier der grosse Schnee noch nicht angekommen, aber es ist überall schön weiss und schön kalt…-24°C.
unser AirBnB in Nominingue mit Hot Tub im Garten
Wir haben ein wirklich schönes AirBnB mit 90’000m2 Land gemietet und lassen es uns richtig gut gehen. Die Ämtlis werden verteilt, je nachdem wer beim Flippern oder beim „Töggele“ gewinnt, die Verteilung ist natürlich nicht ganz fair. Im Garten spazieren bis zu 9 Rehe/Hirsche vorbei, woran sich sogar Skip langsam gewöhnt. Nicht aber an die Streifenhörnchen, die frech vor dem Fenster ihre Nüsse knabbern.
Blick aus unserem WohnzimmerfensterBlick aus unserem Fenster
AirBnB in Nominingue mit allem was das Herz begehrt im Basementsogar einen Weihnachtsbaum haben unsere Vermieter für uns aufgestellt
Wir kriegen Anfragen aus der Schweiz, ob wir im „courant normal“ angekommen sind, da wir nicht mehr so fleissig bloggen. Gute Frage! Was ist courant normal? Erst gerade kürzlich fragten wir unsere Kinder, was sie aus der Schweiz am meisten vermissen. Elin’s Antwort war: 1. die Freunde 2. das Trampolin 3. das Französisch bei Frau Zürcher !!. Ayla gab als Antwort: die Gewohnheit. Wie unterschiedlich sie doch sind.
es geht auch ohne Garten
Aber ich muss Ayla recht geben. Ich glaube wir alle vermissen jeweils die Gewohnheit. Zu wissen, dass man nette Freunde trifft, wenn man aus dem Haus geht, dass man eine Arbeit hat die uns erfüllt und in welcher man sich einigermassen kompetent fühlt, dass man los-joggen kann und für eine Stunde in der schönsten Natur ist etc. etc. Hier sind die Wellen der Emotionen viel stärker. Der Enthusiasmus, wenn ich im SickKids Kinder schallen kann mit Pathologien, die ich in der Schweiz wahrscheinlich kaum sehen werde oder mit DEM kanadischen ADHD Spezialisten für einen Monat unterwegs zu sein, wechselt mit Heimweh nach der Gewohnheit. Aber genau diese Wellen der Emotionen machen unser Projekt für alle spannend.
Graffiti Alley Toronto
Durch das, dass keiner von uns in einem Courant normal ist, haben wir viel mehr „quality-family-time“. Diese nutzen wir mit spielen, sei es Familienbasketball oder Kartenspiele, neue Freunde einladen oder mit erkunden der unzähligen, multikulti Restaurants in dieser 3.5 Millionen Stadt. Und ich konnte Lukas sogar überzeugen, einen Lindy Hop Tanzkurs mit mir zu machen. Es kennt uns ja schliesslich niemand!
Familien BasketballAyla’s Basketball Team etwas unscharf
An Halloween durfte Elin endlich mal auf eine „trick or treat“ Tour gehen, da diese Kultur hier ihre Wurzeln hat. Ergebnis: 2kg Süssigkeiten…. In der Schweiz werden wir vor dieser etwas komischen amerikanischen Kultur wieder flüchten und den Halloween Abend im Restaurant verbringen. Hier gab es aber volles Programm mit geschnitztem Kürbis und Kuchen nach Betty Bossi.
endlich darf sie Halloween feiernEin Betty Bossi Halloween Kuchen muss sein
Nachdem Lukas eine Woche auf Geschäftsreise quer durch Amerika war, bin ich gerade anschliessend für eine Woche nach Paris an den EAPS Kongress geflogen. Dort habe ich auch unsere lieben Vermieter getroffen und ein spannendes Gespräch gehabt, wie sie geplagt sind mit Heimweh nach Kanada. Spannend wie wir uns alle im eigenen Nest einfach am wohlsten fühlen.
Mittlerweile ist das Thermometer deutlich unter Null gefallen und wir wundern uns noch ein bisschen, wie es denn im richtigen Winter wird. Der Wind, der hier eigentlich immer weht, geht durch Mark und Bein und man fühlt sich auf dem Fahrrad wie am Morgen früh auf der Skipiste aber ohne dementsprechende Bekleidung. WindChill heute -17° bei einer Temperatur von -10°C.
der erste Schnee
In der Schule sind die Girls nicht extrem gefordert und werden von ihren Lehrern bis in den Himmel hoch gelobt. So können sie es richtig geniessen und lernen doch sehr viel. Grosser Wert wird hier auf das Debattieren und sich Ausdrücken gelegt. Ob man in die Schule gehen will oder nicht, wird nicht streng kontrolliert. So konnten beide problemlos fehlen, um am Ultraschall workshop am Notfallkongress als Versuchskaninchen teilzunehmen. Da dies natürlich mit einem kleinen Lohn verbunden ist, haben das beide sehr gerne gemacht. Den Bauch und die Lunge zeigen und Geld verdienen…nicht so schlecht.
Versuchskaninchen am kanadischen, pädiatrischen Notfallkongress
Ein nächstes Highlight werden sicher unsere Weihnachtsferien, in welchen wir wieder in die Pampa fahren wollen. Ein AirBnB mit Hotpot und Schneetöff ist gemietet. Über Silvester versuchen wir dann eine mehrtägige Tour mit Schneeschuhen oder Backcountry Skis zu machen. Leider gibt es hier keine SAC Hütten sondern man schläft im Zelt…..mal schauen.
Schon lange haben wir beschlossen das verlängerte Thanksgiving Wochenende in der Natur zu geniessen. Wir mieten ein Air BnB 3h nördlich von Toronto. Mitten in diesem Indianerreservat haben wir ein Haus mit Boot direkt am French River. Das Haus überzeugt nicht ganz und leider spielt auch das Wetter nicht wirklich mit. Eingepackt in Daunenjacken und Regenschutz erkunden wir trotzdem die schöne Natur. Da es auch hier keine Wanderwege gibt, geht es quer durch den schön verfärbten Wald mit vielen mit Flechten überwachsenen Felsen. Skip macht sicher, dass wir keinem Elch, Bären oder sonstigem Wildtier begegnen.
unser Air BnB
unser Steg mit unserem Boot
Da es auch am Sonntag nass und kühl ist, fahren wir bis Sudbury, einer Minenstadt in diesem französischen Teil von Ontario. Erstaunlicherweise hat es hier ein riesiges, super gemachtes Science Museum. Leider haben wir zu wenig Zeit, alle spannenden Experimente mitzumachen. Es werden Herzen seziert, Gummi in Flüssigstickstoff recyclet, Raucherlunge und gesunde Lunge aufgeblasen, Gravitytraining gemacht und viele spannende Sachen mehr. Wir sind imponiert, wie viele Leute in dieser kleinen Stadt in the middle of nowhere angestellt werden, um den Leuten Naturwissenschaften näher zu bringen, wahrscheinlich gesponsert durch die Minenindustrie hier.
Im Sommer darf man die Minen auch besuchen, jetzt kurz vor Halloween wurde eine dieser Showminen umgebaut in eine Halloween Geisterbahn. Auch hier sind es nicht Puppen, die einem erschrecken sondern blutüberspritzte Schauspieler, die aus irgendwelchen Felsspalten hervorspringen, Killerclowns, die einem verfolgen etc etc…das Gruseln tief unter der Erde war garantiert.
Mit einem etwas mulmigen Gefühl kehren wir zurück in unser einsames Cottage, das nicht abgeschlossen wird, finden aber zum Glück nur eine tote Maus in der Mausefalle.
Unsere ersten Besucher gaben sich praktisch die Klinke in die Hand. Kaum war Lars abgereist, lebte Sina eine Woche bei uns, am gleichen Tag ihrer Abreise kam Manuel, mein 29 jähriger Göttibueb, mit seiner Familie, Janine und Youri, zu Besuch. Manuel macht seine Forschung für seine Philosophie Professur in Milwaukee. Der kleine Youri (mein Gross-Göttibueb) hat mit seinem Charme unsere Herzen im Sturm erobert, einzig Skip fand es mässig lustig immer irgendwelche Finger oder Autöli in die Nase gestossen zu bekommen. Wir haben die 3 sehr genossen und uns dem Challenge, hochphilosophische Gespräche zu führen, gestellt.
Youri zu BesuchBesuch von Baavalan und Martina
Und dann waren wir plötzlich nur noch 4. Wir halten uns treu an unsere Vorsätze, dass Lukas und ich jeden Donnerstag etwas Neues probieren und wir am Freitag eines der x tausenden Restaurants ausprobieren. Cool ist ein Restaurant in einem Spielladen gerade um die Ecke, in welchem man irgendein Spiel ausprobieren kann und dazu essen kann. Auch probieren mussten wir natürlich ein Brownie vom Cafeshop um die Ecke, welches man nur mit dem Vorweisen der ID kaufen konnte….
feine Browniesdie Portionen sind immer grosszügig
Nach grosser Überwindung verlasse ich meine Comfort Zone und melde mich bei einem Toastmaster/Debatting Club an. Lukas kommt das erste Mal auch mit, ist aber nicht sicher ob er das fortsetzen möchte. Ziel ist es über vertraute aber auch weniger vertraute Themen vor Publikum zu referieren. Schon beim ersten Besuch musste ich auf der Seite PRO, „does Money buy happiness?“ debattieren…und das auf Englisch. Ich hoffe das Versprechen des Clubs, sich irgendwann daran zu gewöhnen und dies sogar gerne zu machen, trifft irgendwann auch für mich zu. Lukas ist eher im Stadium, wo er sich über seinen ersten unvorbereiteten 10Minuten Vortrag über irgendein Thema freut, wenn er weiter dabei bleibt….Der grosse Vorteil ist sicher, dass uns hier niemand kennt. Die anderen im Klub sind zB Psychologen, Professoren, einer mit Asperger oder sonst Menschen in der Geschäftswelt, wo public speaking oft gefragt ist, aus meiner Sicht sind alle schon ziemliche Profis… Ich bin gespannt….
Elin produziert ein Slimy nach dem Anderen (mit Leim und Linsenmittel und Salz)
Die Nuit blanche ist wie die Berner Museumsnacht in Grossformat. Zusammen mit Jorge (Puerto Rico), Maria (Argentinien) und ihren Freunden Kevin (USA) und Angela (USA aber indisch abstammend) und natürlich allen Kindern besuchen wir einige der coolen Installationen quer durch die Stadt. Maria und Angela kennen sich von der Harvard University, wo beide Jus abgeschlossen haben. Kevin ist Anthropologe und jetzt Professor an der UOT und lebt mit Angela schon lange hier in Toronto. Wir sind also umgeben von „brains“ mit ganz spannenden Geschichten.
Nuit blanche
An den Wochenenden versuchen wir, v.a. auch für Skip, etwas in die Natur zu fahren. Dies gestaltet sich gar nicht so einfach. In 1h sind wir zwar in irgendwelchen schönen Provincial Parks, diese kosten aber alle und Hunde müssen auch hier angeleint sein. Wir sind immer wieder erstaunt, dass es in diesem riesigen Land mit so viel wunderschöner Natur kein Wanderwege Netz gibt. Auch in den Parks sind die Wanderwege zwischen 0.2- maximal 6 km lang und bezahlten muss man natürlich auch noch.
Natur um Torontoverbotenerweise off leash
Als Home Maker= offizielle Bezeichnung meiner Tätigkeit hier )))-;,(zumindest so hinterlegt bei unserem Bankkonto) versuche ich „Gutes zu tun“ und melde mich als freiwillige Begleiterin von Field Trips in Elin’s Schule. Ich bin positiv überrascht, wie hier Schulstunden nach draussen in die Natur (im High Park) verlegt werden und den Kindern beigebracht wird, wie die Indianer mit der Natur umgehen, über Umweltverschmutzung, invasive species und wie sie anhand von gefangenen und wieder frei gelassenen Wassertieren erforschen können, wie die Wasserqualität ist. Es geht nicht sehr lange und meine pädiatrischen Kenntnisse sind gefragt, weil ein Kind von einem Squirrel gebissen wird, eines von der Schaukel fällt und ein sehr schlauer, sehr „gwundriger“ Junge es nicht lassen kann, doch eine Poison Ivy Pflanze anzufassen, obwohl x-mal davor gewarnt wird…Schön ist, zu hören und zu sehen, wie Elin sich in so kurzer Zeit eingelebt hat und sich schon sehr gut auf Englisch unterhalten kann.
Schule draussenWasserqualität prüfen
Neben meiner Home Maker und Yoga Aktivität, treffe ich viele interessante Leute. Einerseits wegen des spannenden Projekts „choosing wisely“, andernseits wegen Point of care Ultrasound. Jeden Mittwoch gibt es super Weiterbildungen in pädiatrischem Point of care Ultrasound im Sick Kids, die ich mit viel Interesse besuche. Nach einem spannenden Gespräch mit dem Chefarzt der General Paediatrics, setzt er mich in Kontakt mit vielen weiteren Leuten, welche entweder mit Choosing Wisely (der Kampagne zur Reduktion von Overdiagnostic und Overtreatment) oder aber einfach mit allgemeiner Pädiatrie zu tun haben. Was ich aber definitiv nicht machen darf ist hier als Ärztin zu arbeiten. In meiner POCUS Gruppe ist auch ein Kanadier, der aber seine Pädiater Ausbildung in Australien gemacht hat. Auch er muss hier das Staatsexamen nochmals nachholen etc. Da scheinen sie wirklich sehr strikt zu sein, die nächste Möglichkeit die Prüfung zu machen, ist nächsten Frühling….
Hier wird gut auf die Bedürfnisse von Teenagern geachtet. Die Schule beginnt erst um 9 Uhr und für Ayla einmal pro Woche sogar erst um 10 Uhr. Erstaunlicherweise werden auch die meisten Kinder von ihren Eltern begleitet, d.h. auch die Arbeitstage scheinen spät zu starten. Daran können wir uns sehr gut gewöhnen. Elin kennt den Weg mittlerweile gut aber wenn ich sie begleite, kann ich gerade mit Skip laufen gehen und treffe immer wieder nette, interessante Leute. Elin und Ayla gewöhnen sich hingegen nur knapp daran, dass sie jeden Morgen „O Canada we stand on guard for thee“ stehend singen müssen.
Elin hat schon zwei gute Freundinnen gefunden mit welchen sie sich noch etwas mit Händen und Füssen unterhält. Natalia ist mit ihrer Familie aus Texas hier hin gezogen, um als Latinos der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit, welcher sie seit Trumps Wahl begegneten, zu entfliehen. Ihre Eltern haben uns bei einem gemütlichen Znacht Erschreckendes erzählt und dies obwohl sie seit 40 Jahren in den USA leben und als Anwältin bzw IT Spezialist arbeiteten. Elin vermisst jeweils schon den grossen Garten und das Trampolin aber kann sich auch in der Gasse hinter unserem Haus arrangieren. Die Mutter ihrer neuen Freundin Xenia ist Gymnastiklehrerin…
am Turnen mit Xenia
Cool sind auch all die Angebote, die diese Stadt zu bieten hat. So nimmt Elin jetzt wöchentlich Zirkuslektionen und an einem anderen Tag noch Akrobatik, welches von einer Schweizerin, mit Verwandten in Hasle Rüegsau!!!!, geleitet wird.
Circability
Lukas und ich haben uns auch vorgenommen, das riesige kulturelle Angebot so gut wie möglich zu nutzen. So gehen wir jeden Donnerstag Abend etwas Neues ausprobieren, einmal organisiert Lukas einmal ich. Wir haben schon ein tolles Jazzfestival von Undergraduate Jazzstundenten gehört- fantastisch!- und eine interessante Session von Story telling comedians in einer Komikerschule…Zwischendurch fühlten wir uns eher wie bei Oprah Winfrey oder einer AAA Session.
Lukas hat auch gut angefangen, staunt immer wieder über die fehlende „Effizienz“ und die für uns fast übertriebene „Korrektheit“ der Kanadier, dies nicht nur im Strassenverkehr. Auch insgesamt sind wie immer wieder erstaunt über den Kontrast zwischen zT wirklich rückständig bis hin zu topmodern.. Man schaue nur auf unseren Strommasten hinter dem Haus…..kein Wunder gibt es in dieser Stadt immer mal wieder Stromausfall.
Nein das ist nicht Afrika sondern der Masten hinter unserem Haus…wir hoffen mal es gibt keinen Sturm er steht nämlich wirklich so schief
Anderseits waren wir heute in einem Sushi Restaurant, wo man von Robotern zum Platz geführt wird und auch bedient wird…..
von Robotern geführtes Restaurant
Auf unseren vielen Entdeckungsreisen lernen wir immer neue Ecken von dieser riesigen Stadt kennen. Joggen werden wir wohl beide praktisch aufgeben, da es einfach zu umständlich ist. Entweder gewöhnt man sich bei jeder Ampel zu warten oder mit dem Auto zu einem etwas besseren Ausgangspunkt zu fahren oder bis 10h zu warten bis man mit dem Hund in die Metro darf und so zu einem der schönen Täler rund um Toronto zu fahren. Dafür hat unser Fitness 24/7 offen und es gibt keine Ausrede. Nicht nur ich habe mit Yoga angefangen, sogar Lukas ging sich schon ein erstes Mal verrenken. Mit Ayla gehe ich eher ins Bootcamp oder FusionFit….gute Namen für einfach Schwitzen!!
Old town
Ja Schwitzen tun wir immer noch, v.a. die Luftfeuchtigkeit ist zT lähmend, zum Glück haben wir einen AC!
Ich durfte mich schon mit der Präsidentin von Choosing Wisely Canada und International treffen, welche mich dann auch gleich dem Chefarzt vom SickKids vorgestellt hat, welcher in der Pädiatrie federführend in dieser wichtigen Campagne gegen Overtreatment and Overdiagnostic ist. Habe mir hier also schon mal einen interessanten Job für EAP und aber auch die Schweiz gefasst.
Aktuell wohnt noch Sina- eine junge deutsche Reisende- bei uns, welche wir in the middle of nowhere in Churchill Falls kennengelernt haben. Sie ist noch nicht ganz schlüssig, wie ihr Jahr in Canada weiter verlaufen wird und bis dahin hat sie bei uns Asyl.